LEIB ODER LEBEN
20. Internationales Seminar für
körperbezogene Psychotherapie, Körpertherapie
und Körperkunst
BAD GLEICHENBERG, 27.April bis 2.Mai 2014
Was bleibt

 


„was bleibt“

 

„Die Vergänglichkeit ist ein wesentlicher Beitrag
zum Zauber einer Eigenart.“
G. Amanshauser
„Erinnerung ist die kontinuierliche Verformung der
Vergangenheit unter dem Druck der Gegenwart.“
E. Fried

 

 

 

 

 

 

Bewegungsübungen, meditative Ruhephasen, Massage, Musik, Spannungsausgleich und innere Balance gehören zu den essen-tiellen Elementen von Behandlung und Heilung. In der modernen Krankenversorgung werden diese Heilmittel vernachlässigt und an den Rand gedrängt. Um diesem Trend entgegen zu wirken haben wir vor 20 Jahren „Leib oder Leben“ gegründet. Wir wollten neue Möglichkeiten von Leib- und Körperlichkeit in der Aus- und Weiterbildung fördern. Dazu haben wir LehrerInnen aus leib- und körperbezogenen Therapiemethoden sowie „verwandten“ Übungswegen der Bewegungsschulung, Tanz, Theater, Pantomime, Musik, meditativen Traditionen der Achtsamkeit und Kampfkünste eingeladen.
In einem früheren Editorial schrieb R. Danzinger, Mitbegründer von „Leib oder Leben“: „Wir kennen auch eine Sprache der Bewegung, der Gebärden, Mienen und vegetativen Reaktionen - eine Sprache, die man in allen sozialen Schichten und allen Ländern dieser Erde versteht. Deutlich lesbar sind ihre Spuren in unsere Körper hingeschrieben.“ Im Hinblick auf Möglichkeiten des analytischen Verstehens hatte S. Freud angemerkt: „Wer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, überzeugt sich, dass die Sterblichen keine Geheimnisse verbergen können. Wessen Lippen schweigen, der schwätzt mit den Fingerspitzen; aus allen Poren dringt ihm der Verrat. Darum ist die Aufgabe, das verborgenste Seelische bewusst zu machen, sehr wohl lösbar“.
„Alle Zuneigung hat ihren Ursprung in der Wahrnehmung“
(D. Heller-Roazen). In den Workshops von „Leib oder Leben“ können Sie am eigenen Leibe Zusammenhängen von Bewegung, Berührung, Gefühlen und Gedanken nachspüren. Sie erleben Verbindungen von Stimmungen, Gefühlen und psychisch/seelischen Befindlichkeiten, von Wahrnehmungen und Empfindungen, von gestischen und mimischen Ausdrucksbewegungen mit inneren Bildern, Vorstellungen und Erwartungen. Diese Erfahrungen helfen Ihnen im zwischenleiblichen Dialog der Therapie eine „leibnahe Sprache“ zu finden.
Wie kann sich aus anfänglichen „Gegnern“ (therapeutische Be-gegnung) in der Therapie ein erfolgreiches „Team“ (therapeutische Be-ziehung) entwickeln? „Die angeblichen ,kürzeren Wege‘ haben die Menschheit immer in große Gefahr gebracht; sie verlässt immer bei der frohen Botschaft, dass ein solcher kürzerer Weg gefunden sei, ihren Weg – und verliert den Weg.“ (F.Nietzsche). Therapie ist eine „Aufmerksamkeits-kunst“ (B.Waldenfels), welche längere „Zeit-Räume“ umspannt. In ihrem Verlauf berührt und bewegt uns Vieles ungefragt, kommt zu Ohren, klingt fremd, ruft innere Bilder hervor, stößt auf, bedrückt, anderes lässt uns auch aufatmen und setzt neue Energien frei. Weitgehend unbewusst sind wir in dynamische Prozesse von Nachahmung, Spiegelung und Resonanzen, von Übertragungen und Gegenübertragungen einbezogen. Wie können wir unsere Wahrnehmung, unser Einfühlungsvermögen, unser Gespür für das, was aktuell geschieht, was passt und angemessen scheint, üben und verfeinern? Können wir einen besseren „Riecher“ oder Instinkt für versteckte Probleme oder machbare Lösungen entwickeln?
„Ruhe im Physischen (Gelassenheit)ist ein Pendent zu Vertrauen im Psychischen“ (E. Gindler). Wie können wir üben, aufmerksam zu sein, ohne falschen Drang zur vorschnellen Bewertung, wach sein, da sein, für das, was sich in uns selbst und vor unseren Augen abspielt? … Mut und Vertrauen finden in Bewegungen unseres Leibes, die sich selbst regulieren und erhalten wollen … uns mit uns selbst anfreunden, still sein, gelassen dem Fluss unserer Gedanken und Empfindungen beiwohnen, dem Wechselbad der Gefühle und deren Veränderungen Be-achtung schenken?
„Psychotherapie ist auch eine Übung in Selbst-Erforschung“
(I. Yalom). Einseitiges Denken und Vergeistigung bergen die Gefahr in sich, dass wir ins Grübeln geraten, den Boden unter unseren Füßen verlieren, keine Wurzeln haben, nur noch spärlich in Kontakt mit dem Leben sind, losgelöst verdorren oder abheben. Wie können wir wieder die Erde als tragenden Grund spüren, besser auf dem Boden der Tatsachen stehen, flexiblen Halt finden, freier atmen, aufrecht gehen? Wie kommen innere Trägheit und Schwere erneut in Bewegung und in Schwingung? Erlauben wir uns zu spüren, was sich lösen will, was uns belebt, Lebensfreude spendet, uns wieder tanzen, singen und lachen macht.
„Nur wer sich ändert, bleibt sich treu.“ (W.Biermann). In den letzten 20 Jahren haben sich viele während des Gleichenberger Frühjahrsseminars an (vergessene) Qualitäten ihres leiblichen Selbstgefühls erinnert. Für sie war das Seminar eine nachhaltige „Investition“ in ihre Lebens- und ihre Arbeitsqualitäten. Sie haben neue Möglichkeiten gefunden, um tragfähige Wege für Veränderungen zu entwickeln. Viele Psychotherapieschulen haben in den letzten Jahren Kongresse und Weiterbildungen zum Thema „Körper in der Therapie“ angeboten. Gesellschaftlich hat sich ein breiteres Bewusstsein für die Möglichkeiten von leib- und körperbezogenem Methoden entwickelt. „Leib oder Leben“ hat wichtige Pionierarbeit geleistet und sich einen besonderen Ruf erarbeitet. Es bleibt aber weiterhin ein Experiment, das neue Herausforderungen annehmen und suchen muss.
Helmut Milz

 
Editorial

 

 

 

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