| Die auftauchende Liebe zum eigenen
Selbst und die Begegnung mit Anderen - Tanztherapie und Bewegungsanalyse
Viele Menschen leben in einer Welt, in der es keinen Platz für
andere gibt. Sie verschanzen sich wie in einem Feindesland in ihrer
eigenen Festung und lassen andere nicht über die hoch gezogene
Brücke zu sich selbst. Sie haben Angst vor ihnen, wissen nicht,
wie sie Beziehung aufnehmen oder befriedigend gestalten sollen,
und befürchten, dass andere ihnen etwas Böses antun oder
sie enttäuschen. Allerdings haben auch sie – so wie jeder
Mensch – ein Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Nähe
und Kommunikation. Doch wie kann das Bedürfnis nach Intimität
trotz der Angst vorm Anderen, die oft nicht einmal bewusst wahrgenommen
wird, befriedigt werden ?
Die Bewegungsanalytische Therapie ist eine spezielle Form der Körperpsychotherapie,
eine Weiterentwicklung der Tanztherapie, die von Cary Rick begründet
worden ist. In der Bewegungsanalyse, die auf tiefenpsychologischen
Annahmen aufbaut, wird Bewegung als Handlung des Körpers aufgefasst,
die sich auf das Körperkonzept, die vorwiegend unbewusste Vorstellung
vom eigenen Körper (Selbst) gründet, welche durch den
verbalen Dialog weder (vollständig) erfasst noch (vollständig)
verändert werden kann, weshalb das therapeutische Vorgehen
- neben dem Gespräch - nonverbale Handlungen und Interaktionen,
Bewegung und Tanz umfasst.
Jeder Mensch hat ein individuelles Bewegungsrepertoire, jeder bevorzugt
bestimmte Bewegungen und nonverbale Interaktionen und vermeidet
andere. Die Erfassung des individuellen motorischen Profils ist
also gleichzeitig eine Erfassung der körperlichen Selbstvorstellung
und möglicher Konflikte im Selbstbild, d.h. im Austausch mit
der Umwelt. Das bedeutet aber auch, dass eine Erweiterung der motorischen
Möglichkeiten – inklusive der nonverbalen Interaktionen
– zur Bewusstwerdung, Klärung und Erweiterung des Erlebens
von sich selbst und von der Umwelt beitragen kann.
In diesem Seminar sollen die Teilnehmer mittels gezielter Bewegungs-
und Tanzexperimente die Möglichkeit bekommen, ihre persönlichen
motorischen und beziehungsmäßigen Vorlieben (Führen,
Folgen, Polarisieren etc.) zu entdecken. Darüber hinaus sollen
Fallbeispiele aus der therapeutischen Praxis den Zusammenhang zwischen
Erfahrungen des Geliebtwerdens und motorischen Stereotypien verdeutlichen.
Denn ohne dass ich erfahren habe, dass ich ein Teil der Welt bin,
weil andere mich als Teil ihrer Welt wahrnehmen, werde ich auch
nicht fähig sein, angstfrei auf andere zuzugehen, d.h. andere
zu lieben.
HESCHGL Sabine, Mag., Jahrgang 1969, Klinische
und Gesundheitspsychologin, Bewegungsanalytische- und Tanztherapeutin,
Psychotherapeutin (Individualpsychologie) i.A.; mehrjährige
Tätigkeit in der Therapie verhaltensauffälliger und behinderter
Kinder, derzeit in der Landesnervenklinik Sigmund Freud und im Landespflegeheim
Schwanberg tätig – Arbeitsschwerpunkt: schizophrene und
essgestörte Patienten.
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